Nachdem ich Istanbul verlassen hatte, kam ich der Zentraltürkei und damit auch dem Iran immer näher. Auf dem Weg dahin stattete ich dem Nemrut Dagi und auch Göreme einen Besuch ab.
Die Türkei kennen die meisten. Als direktes Verbindungsglied zwischen Europa und Asien gibt es in der Türkei eigentlich nichts was es nicht gibt, besonders Istanbul hat mich äußerst positiv überrascht. Nicht nur die Ausmaße dieser Stadt sind gigantisch sondern auch das, was du dort erlebst und erfährst. Ich habe noch nie eine so derart saubere Großstadt gesehen, die noch dazu nicht mit Bruchbuden und Bauruinen an jeder Ecke übersät ist. Istanbul ist eine Stadt, in welcher man vermutlich nach 4 Wochen immer noch nicht alles gesehen hat. Mit Michael, welchen ich in Istanbul wiedertraf und dem ich schon in Albanien und Griechenland begegnet bin, brach ich auf in Richtung Ankara.
„Istanbul ist eine Stadt, in welcher man vermutlich nach 4 Wochen immer noch nicht alles gesehen hat”
Wir trennten uns unterwegs, da er eine andere Route eingeschlagen hat als ich, und wollte über die türkische Westküste fahren. Mein Weg führte mich nach Kappadokien, genauer gesagt nach Göreme. Weltbekannt, touristisch wunderbar erschlossen und landschaftlich einmalig fügt es sich gerade zu malerisch in die Türkei ein. Die absolut einzigartigen Felsformationen und Höhlen die man hier findet, geschlagen aus dem butterweichen Tuffgestein, welches diesen Landstrich übersät, machen seinem Namen als UNESCO Weltkulturerbe alle Ehre. Das beste allerdings ist, dass man diese Höhlen komplett auf eigene Faust erkunden kann und auch darf. Nirgends wird ein Eintritt fällig oder ähnliches, es sei denn man möchte die unterirdischen Städte besuchen wie beispielsweise in Derinkuyu.
Göreme ist allerdings nicht nur für seine Höhlen und unterirdischen Städte bekannt, sondern vor allem für etwas anderes: Ballonfahrt. Einige haben sicher schon mal Bilder oder Videos gesehen von den hunderten Ballons die gleichzeitig in den taufrischen Morgenhimmel um Punkt 5 Uhr aufsteigen. Auf meinem Campingplatz traf ich zum ersten mal auf eine Person, die die nächsten 3 Monate ein treuer Begleiter und mittlerweile auch ein sehr guter Freund wurde, Dietmar, genannt Didi, mit seinem Land Rover aus Deutschland. Als es am morgen an meinem Zelt klopfte und Didi mich aus dem Schlaf riss, wurde ich ebenfalls Zeuge dieses unglaublichen Schauspiels. Es ist schon eine einzigartige Erfahrung das aufsteigen der Ballons mit eigenen Augen sehen zu dürfen. Einen Ballon als solches starten zu sehen ist ja schon recht beeindruckend, dass ganze allerdings mit hunderten zu sehen war etwas, was ich mein Leben nicht mehr vergessen werde.
„Als es am morgen an meinem Zelt klopfte und Didi mich aus dem Schlaf riss, wurde ich ebenfalls Zeuge dieses unglaublichen Schauspiels"
Es lohnt sich definitiv ein paar Tage hier zu verbringen und ganz in Ruhe zu Fuß die Höhlen zu erkunden sowie eine Ballonfahrt zu erleben. Zugegeben, mit etwa 150-200€ ist es ist nicht ganz billig, aber das Geld definitiv wert. Nicht weit weg von Göreme findet man den Nemrut Dagi. Die Grabstätte, die hier vom späthellenistischen König Antiochos I. Theos auf dem Gipfel errichtet wurde, sollte das Zentrum seiner neuen Religion sein, die persische mit griechischer Mythologie vereint. Die Anlage hat mich sehr beeindruckt da sie noch heute sehr gut erhalten ist. Weiter Richtung Osten merkt man dann leider immer mehr, wo das Geld in der Türkei hinfließt. Die touristischen Gebiete wie Istanbul, Ankara, Antalya und die gesamte Küste ist wunderbar erschlossen, abseits dessen wird es jedoch immer weniger „touristisch interessant“ und auch, muss man leider sagen, schäbiger. Die Spannung zwischen Kurden und Türken ist hier real, was dazu führt das man in Kurdistan aufpassen muss nicht den Fehler zu machen und jemanden als "Türke" zu bezeichnen, was von den Einheimischen sehr schnell als Beleidigung aufgefasst werden kann. Ein großes, mehr oder weniger wiederkehrendes Problem, mit welchem man auf einer Weltreise mit dem Motorrad immer wieder konfrontiert wird, sind Inspektionen bzw. das Wechseln von Verschleißteilen.
Wie man sich vorstellen kann, hat man im Gepäck keine komplette Werkstatt dabei um alles selbst zu erledigen. Dinge wie Reifen wechseln, Kettenkit oder Ritzel tauschen ist nicht mal eben so nebenbei gemacht. Noch dazu habe ich einige neue Teile benötigt wie Ölfilter und 2 frische Luftfilter, die ich bereits in der Türkei in weiser Voraussicht für den Iran gekauft habe um problemlos die Dasht-e-Kavir und Dasht-e-Lud Wüste durchqueren zu können. Zu dem Zeitpunkt als ich in Diyarbakir eintraf, zeigte mein Kilometerzähler bereits über 12.000 Kilometer, die ich durch Europa zurückgelegt hatte. Im tiefsten Osten der Türkei fand ich eine top ausgestattete, absolut kompetente Yamaha Werkstatt die sich meinem Fall auch direkt annahm. Mit typisch türkischer Gastfreundschaft wurde ich mit Tee begrüßt, und der Meister machte sich mit seinem Schützling direkt an die Arbeit. Nach etwa 1 Stunde war alles erledigt, mein Motorrad wie Neu und ich konnte meine Reise fortsetzen. Ich habe mein Visum für den Iran bereits in Griechenland beantragt, mit Abholung auf dem Generalkonsulat der iranischen Republik in Erzurum. Die nächste Mission bestand also darin, mein Visum für den Iran zu erhalten. Ich persönlich, aus Perspektive des Motorradfahrers, mochte den Osten der Türkei um einiges mehr als den Westen. Es ist bei weitem nicht so viel los, Touristen trifft man quasi keine und allgemein ist die Landschaft atemberaubend.
Von Diyarbakir brach ich in nördliche Richtung durch die türkischen Hochebenen in Richtung Erzurum auf. Landschaftlich ist die D950 eine absolute Augenweide und wohl eine der schönsten Straßen der Türkei. In Erzurum angekommen war für mich der Gang auf das iranische Generalkonsulat eine absolute Premiere auf meiner Reise. Ich hatte für kein anderes Land vorher ein VISA benötigt. Über eine iranische Reiseagentur habe ich besagtes beantragt, Kostenpunkt: 40 Dollar inklusive Versicherung. Man sollte sich allerdings nicht verrückt machen lassen. Man benötigt für den Antrag so einige Informationen wie unter anderem eine genaue Reiseroute oder bereits im Voraus gebuchte Hotelübernachtungen.
„Meiner Reise in den Iran stand also nichts mehr im Wege”
Braucht man das wirklich? Offiziell Ja, wenn man allerdings im Land ist interessiert sich niemand dafür. Die Bestätigung über die Erteilung des VISA hatte ich bereits Tage zuvor per E-Mail erhalten, allerdings bringt einem das noch nicht viel, solange man nicht den offiziellen Brief mit VISA in den Händen hält. Mit meinen gesammelten Dokumenten ging es für mich also aufs Konsulat. Der Iran wird von vielen Menschen immer sehr Abwertend beurteilt, ich konnte davon allerdings bereits hier nichts spüren. Ich wurde herzlich begrüßt, mir wurde ein Tee angeboten und mir wurden die typischen Fragen gestellt, was ich denn im Land vorhabe, wie meine Reiseroute aussieht und was mich denn in den Iran führt. Da ich nichts zu verbergen hatte, jede Frage ehrlich beantwortete und auch sonst keinerlei Dinge gegen mein VISA sprachen, hatte ich das offizielle Iran Visum nach etwa einer Stunde und 75 Dollar später in den Händen. Meiner Reise in den Iran stand also nichts mehr im Wege.
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