Nach dem Iran führte mich meine Route nach Pakistan. Ich machte mich auf den Weg zu meinem ersten großen Ziel: dem Karakorum Highway!
Die letzten 2 Tage in Zahedan, einem absoluten Grenznest zwischen dem Iran, Afghanistan und Pakistan, verbrachte ich damit die letzten Kleinigkeiten für mein pakistanisches Visum zu klären. Um 7 Uhr in der Früh brachen wir zur pakistanischen Grenze auf. Diese lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Chaos. Dieser Übergang folgt keinerlei Struktur, keinerlei Ordnung und alles was ich hörte sind LKW Hupen, lautes Geschrei auf einer Sprache die ich nicht verstand und allerlei Trubel. Unsere kleine Gruppe bestehend aus mir, meinem Kumpel Didi sowie Christian und Ines, einem Pärchen aus Österreich, fiel sofort auf. Eigentlich dachte ich immer, die Einreise in ein Land ist deutlich schwieriger und ausführlicher als die Ausreise, anders im Iran.
„Selbst wenn man nichts zu verbergen hatte, wurde einem hier irgendwie das Gefühl vermittelt bei einem Verhör zu sitzen statt einem Grenzaustritt”
Ich weiß nicht genau ob der Grenzbeamte, den es nach etwa 30 Minuten angedreht brachte, Langeweile hatte oder uns einfach nicht leiden konnte, jedenfalls durfte jeder von uns einzeln zum Interview antreten. Neben den üblichen Fragen wo man war, wo man hin will wurden Fragen gestellt wie: „Hast du Freunde im Iran?“ „Wo arbeitest du?“ „Wie ist der Name deines Vaters“ etc. Selbst wenn man nichts zu verbergen hatte, wurde einem hier irgendwie das Gefühl vermittelt bei einem Verhör zu sitzen statt einem Grenzaustritt.
Nachdem die Gewehrsalve von Fragen ein Ende fand und der Beamte von mir hatte was er wollte, durfte ich das Büro verlassen und setzte mich wieder zu den anderen. Nachdem mein Carnet und Pass den Weg zurück in meine Hände gefunden hatten, war ich heilfroh endlich die pakistanische Seite der Grenze zu betreten. Die Stimmung war direkt anders. Mit großen, freundlichen Augen und einem festen Händedruck wurden wir herzlich begrüßt und auf pakistanischer Seite willkommen geheißen. Pakistan. Ein Land welches häufig in europäischen Schlagzeilen landet und meist nicht auf positive Art und Weise. Ein Land welches leider ein Schmelztiegel zwischen moderne und religiösem Fanatismus ist. Der Übertritt in pakistanisches Staatsgebiet verlief problemlos und relativ zügig.
„... hier darf man als Tourist keinen Meter ohne Eskorte fahren.”
Wir benötigten knapp 2 Stunden und alles war erledigt. Wer allerdings gedacht hat, dass hier einfach das Tor geöffnet wird und man direkt ins Land fahren darf, irrt sich. Die Grenze in Taftan gehört zu Belutschistan und hier darf man als Tourist keinen Meter ohne Eskorte fahren. Nach kurzer Wartezeit wurden wir von einem Levie, einer pakistanischen Einheit von Anti-Terror Polizisten die direkt für die Eskorte von Ausländern zuständig sind, an der Grenze abgeholt und mussten folgen. Es war bereits gegen 16 Uhr was bedeutete, dass sich an diesem Tag nichts mehr drehte und wir eine Nacht auf der Polizeistation verbringen mussten.
Ich entschied ich mich dafür meine Sachen zu schnappen und draußen im Hof zu schlafen. Ich warf meine Luftmatratze und meinen Schlafsack auf die Ladefläche von einem der Pick Up Trucks im Hof und versuchte mich wenigstens etwas zu erholen. Es lagen 630Km Polizeieskorte vor mir, quer durch Belutschistan nach Quetta, Hauptstadt dieser Gegend und leider auch bekannt für etwas anderes: Als Hochburg der Talibanen in Pakistan. Am nächsten Morgen setzte sich unser Konvoi gegen etwa 7 Uhr in Bewegung. Es ist wichtig zu wissen, dass man hier nicht die ganze Zeit mit demselben Team unterwegs ist. Die Levies wechseln regelmäßig und eine andere Gruppe übernimmt. Nach der pakistanischen Grenze erwartet einen etwa 450 Kilometer absolutes Niemandsland wo alle 50 bis 100 Kilometer eine kleine Siedlung oder Stadt ist.
„... und leider auch bekannt für etwas anderes: Als Hochburg der Talibanen in Pakistan."
Wüstenähnliche Mondlandschaft, wie man es ebenfalls vom Südosten des Irans kennt. Sand, Stein und Brachland soweit das Auge reicht. Kein Grün, kein Baum, keine Pflanze, dafür aber 45 Grad und brennende Sonne. Gegen 18 Uhr lagen immer noch etwa 250km bis Quetta vor uns, ich hatte direkt kein gutes Gefühl weil ich es weitgehend versuchte zu vermeiden bei Nacht unterwegs zu sein. Besonders in Belutschistan ist es grundlegend nicht die beste Idee, bei Dunkelheit durch die Berge zu fahren. Die Grenze zu Afghanistan im Norden ist relativ nah, was immer wieder zu Problemen führt.
Alles in allem muss ich sagen, die Eskorte hatte definitiv Ihre Berechtigung. Es ist wichtig mit einem gewissen Grundrespekt an solche Gegenden zu gehen, und keinesfalls überheblich zu werden. Die pakistanische Regierung macht so etwas nicht zum Spaß, Touristen nur mit Anti-Terror Einheiten fahren zu lassen, hier steckt leider ein ernster Grundgedanke dahinter. Nach etwa 450km Wüste, Stein und Sand stieg die Höhe relativ zügig von knapp 650m auf etwa 1500m an. Genau die Gegend, die man Nachts meiden sollte, und wir mittendrin. Der Zustand der Straßen reichte von sehr gut und relativ neu bis absolute Katastrophe. Die Levies eskortieren einen nur in ein einziges Hotel in Quetta, und man hat keinerlei Mitspracherecht. Gegen 24 Uhr, nach über 18 Stunden und über 600 Kilometer Fahrtstrecke erreichten wir Quetta.
Leider musste ich hier für 4 Nächte bleiben, da einem nach der Eskorte direkt der nächste Behördengang bevorsteht, man braucht ein „NOC Paper“ was einem die Weiterreise nach Islamabad erlaubt. Nachdem ich mir mit Didi, Ines und Christian das Wochenende um die Ohren schlug und wir das Hotel nur mit Polizeischutz verlassen durften, stellte uns das Home Office in Quetta am Montag das begehrte Papier aus und wir konnten am Dienstag die Stadt verlassen. Nachdem uns die Levies ein ganzes Stück außerhalb der Stadt verabschiedet hatten und wir Belutschistan verließen, fuhr man direkt in einen Backofen.
„Die pakistanische Regierung macht so etwas nicht zum Spaß, Touristen nur mit Anti-Terror Einheiten fahren zu lassen”
Punjab war so unfassbar Heiß, das selbst am Abend um 22 Uhr noch 40°C herrschten. Auf pakistanischer Autobahn sind keine Motorräder zugelassen, so erlaubte es mir das Streckennetz nur umständlich außen rum zu fahren. Der Weg nach Islamabad war eine absolut Tortur. Der heißeste Tag welchen ich in meinem Leben je erlebt hatte. Mein Thermometer zeigte zur Mittagszeit 51°C an. Motorradfahren wurde zur Folter, da einen selbst der Fahrtwind aufheizt und man das Gefühl hat, man würde in einem heißen Föhn fahren. Am Abend erreichte ich völlig fertig Islamabad. Der Karakorum Highway an die chinesische Grenze lag vor meinen Füßen.
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