Im Iran hatte ich zum ersten mal das Gefühl, tatsächlich "weit" von Zuhause weg zu sein. Ein Land, in welchem Geschichte, Moderne und Religion aufeinanderprallen.
Die wenigsten Menschen denken wohl an Urlaub, unfassbare Landschaften und extreme Gastfreundschaft wenn sie vom Iran hören. „Du bist doch verrückt!“ „Das ist doch gefährlich!“ „Pass nur gut auf dich auf...“ um nur mal einige der Sätze zu nennen, die mir von Freunden und Familie entgegenschallten, wenn ich erzählte dieses Land bereisen zu wollen. Ich überquerte die Grenze von der Türkei zum Iran nahe Esendere und muss ehrlich gestehen, hier hatte ich zum ersten mal das Gefühl, tatsächlich eine Grenze zu überqueren. Eine echte, richtige Grenze, die in einen komplett anderen Teil dieser Welt führt, und so war es auch.
„... hier hatte ich zum ersten mal das Gefühl, tatsächlich eine Grenze zu überqueren. Eine echte, richtige Grenze...”
Die Türkei gehört zwar offiziell nicht zur EU, ist allerdings trotzdem extrem westlich geprägt, was wohl daran liegt das gefühlt jeder schonmal dort war. Man hat in der Türkei immer noch dieses „EU Feeling“ und spürt nicht wirklich, dass man weit weg von Zuhause ist. Dies änderte sich jedoch mit der Sekunde, als ich die Grenze zum Iran überquerte, was wohl allein schon daran lag, dass man an der Grenze einen kleinen Papierkrieg zu führen hat. Man braucht um mit dem eigenen Fahrzeug in den Iran einzureisen nicht nur ein VISA für die eigene Person, sondern ebenso ein CDP (Carnet de Passage) für das Fahrzeug sowie eine eigene KFZ Versicherung. Ich merkte recht schnell, dass hier ein anderer Wind als in Europa weht. Im Internet lernte ich Hussein kennen, einen iranischen Tourguide aus Urmai, der einen Service zur Grenzüberquerung anbot, gegen entsprechendes Geld in Dollar. Er kümmerte sich um die ganze Papierarbeit und erleichterte mir den Grenzübertritt enorm.
Wir verabrede ten uns an der Grenze und als ich auf türkischem Gebiet fertig war, begrüßte er mich bereits auf iranischer Seite. Knapp 2 Stunden später und ein paar Stempel hier und da reicher konnte ich das Grenzgebiet verlassen und wir legten die knapp 50 Kilometer nach Urmai zurück. Der Iran hat mich in dem Moment fasziniert, als wir die erste große Stadt erreichten. Ich war ein typisches Opfer westlicher Medienpropaganda gegen dieses Land nach dem Motto „Im Iran gibt’s ja nichts“ „Die sind alle total Arm“ „Da gibt’s keine Infrastrukturen“ oder „Die haben alle keine Handys oder moderne Technologie.“ Ich lag so extrem falsch. Im Iran gibt es quasi alles, was es in Europa und Deutschland auch gibt, nur unter anderem Namen und unter eigener Marke von landeseigenen Betrieben. Der Iran baut eigene Autos, LKWs, Motorräder, Land und Baumaschinen, Busse, Elektronikartikel, hat eigene Lebensmittelmarken für sämtliche Produkt und hängt Europa, rein was den Standard betrifft, in nichts nach. Und wer denkt es gibt hier keine amerikanischen Marken und Produkte, der irrt sich ebenfalls. „Coca Cola“ zum Beispiel, wird hier sogar auf Lizenz im Land produziert.
„Ich war ein typisches Opfer westlicher Medienpropaganda gegen dieses Land”
Das einzige was leider absolut nicht funktioniert sind die Geldautomaten und Kreditkarten, da der Iran nicht ans internationale Zahlungssystem angeschlossen ist. Man muss sich also im voraus ganz genau klar sein, WAS man machen möchte und WIE VIEL Geld in Dollar man mitnimmt. Es gibt im Land KEINE Möglichkeit mit einer westlichen Geld- oder Kreditkarte (VISA / Mastercard) an Bargeld zu gelangen. Der Iran ist ein doch sehr bewegendes Land, mit einer reichen Kultur und Geschichte, was vielen allerdings nicht klar oder bewusst ist, da sie nur das negative sehen oder nur sehen wollen. Bis 1935 war der Iran noch ganz offiziell als „Persien“ bekannt, dessen Reste und kulturelle Stätten sich quasi durch das ganze Land ziehen. Man findet 26 UNESCO – Weltkulturerbestätten im Iran. Mit seinen 84 Millionen Einwohnern ist es fast so Bevölkerungsreich wie Deutschland, hat allerdings die fünffache Fläche. Ein Land, in welchem quasi alles zu finden ist. Von Stränden und viel Grün im Norden am Schwarzen Meer, über äußerst beeindruckende Bergregionen im Westen an der Grenze zum Irak bis hin zu absolut lebensfeindlichen und kargen Wüsten wie die Dasht-e-Kavir und die Dasth-e-Lut.
Ich verlies Urmia zusammen mit Joana und Joshua von „Wetzlosweltwärts“, ein Pärchen aus Deutschland welches ich in Husseins Gasthaus kennengelernt hatte. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in Richtung Sanandadsch. Der Iran ist einer der größten Erdölexporteure der Welt, was dazu führt, dass der Benzin und Diesel im Land „quasi“ kostenlos ist. Ein Liter Benzin kostet im Iran etwa 0,10€ und ein Liter Diesel 0,02€, was dazu führte, dass ich an der Tankstelle des öfteren meine Tankfüllung geschenkt bekam. Es hat einen gewissen Witz wenn man aus Deutschland kommt, ein Motorrad volltankt und der Tankwart dich am Ende nach 1€ fragt. Nach 3 abenteuerreichen Tagen unter freiem Himmel im Wildcamp trennten sich unsere Wege wieder und ich führte meine Reise in Richtung Teheran fort. Das kulturelle und politische Zentrum im Norden des Landes liegt quasi direkt am Bergmassiv was die Wüstenregion von der Schwarzmeerküste trennt und ist damit landschaftlich definitiv eine Reise wert.
Leider hat Teheran, wie jede Großstadt außerhalb Europas, ein massives Verkehrsproblem was in Kombination mit keinerlei Abgasnormen der Fahrzeuge zu einem extremen Smog über der Stadt führt. Ich führte meine Reise nach Osten fort und traf mich in Damghan erneut mit meinem Kumpel Didi um mit ihm gemeinsam meine erste Wüste zu durchqueren, die Dasht-e-Kavir. Für mich eines meiner absoluten Highlights. Die Wüstenstraße führt etwa 600 Kilometer direkt nach Isfahan und ist besonders für Anfänger bestens geeignet um erste Erfahrungen zu sammeln. Die Temperaturen hielten sich mit etwa 40°C am Tag in Grenzen und die Verbindungsstraße ist zu 80% asphaltiert. Es herrscht doch ein wenig Verkehr, so dass man selbst wenn man eine Panne hätte mit Hilfe rechnen kann. Nach 3 Nächten in der Wüste erreichte ich Isfahan, die wohl schönste Stadt im Iran.
Allgemein muss ich sagen, dass die großen Städte sehr sehenswert sind. Die Kombination aus antiker, historischer Bauart und Baustilen in Kombination mit der Moderne hat mir sehr gefallen. Weiter Richtung Osten über Schiras, Sirdschan und Kerman erreichte ich die „Dasht-e-Lut“ Wüste, die heißeste Wüste der Welt wo im Sommer schon bis zu 70°C gemessen wurden. Hier traf ich erneut auf Joshua und Joana, die ich bereits am Anfang traf. Gemeinsam durchquerten wir bei etwa 45°C gegen 9 Uhr die Wüste und kamen nach etwa 400km am Nachmittag in Eslamabad an. Hier trennten sich die Wege erneut und ich fuhr weiter bis nach Zahedan, die letzte große Stadt vor der pakistanischen Grenze
„Die Temperaturen hielten sich mit etwa 40°C am Tag in Grenzen und die Verbindungsstraße ist zu 80% asphaltiert."
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